VOM MAULBEERBAUM ZUR SEIDE

Alles Erreichbare wurde abgepflückt ...Am 7. August führten der Naturwissenschaftler Andreas Arnold und Bianca Wilde von der Auwaldstation eine Gruppe Interessierter zu zwei exotischen Maulbeer-baumvorkommen in Lützschena. Die Weiße und die Schwarze Maulbeere, um diese beiden Arten ging es, gehören wie die Feigen zu der Familie der Maulbeerbaumgewächse (Moraceae) . Sie stammen aus Asien und zählen zu den ältesten Kulturgehölzen. Andreas Arnold hat bereits etwa 20 Einzelvorkommen und 5 Reihenpflanzungen in Leipzig und Schkeuditz ausfindig gemacht. Die Exkursionsgruppe machte zuerst vor zwei bizarr gewachsenen schwarzfrüchtigen Maulbeerbäumen am Bildersaal halt.  Ortsansässige haben sich schon immer gewundert, welche Art Baumfrüchte denn  den Weg so lilafarben beflecken. Dass sie äußerst lecker sind, durften die Teilnehmer am eigenen Gaumen erfahren. Alles Erreichbare wurde abgepflückt und verzehrt. Zudem hatte die Ernährungswissenschaftlerin Bianca Wilde ein paar Häppchen mit eigens kreierter Maulbeerbaummarmelade vorbereitet und gab weitere Verwendungsvorschläge. Die Früchte sind reich an gesunden Inhaltsstoffen wie Eisen, Calcium und Antioxidantien. Aufgrund ihrer kulinarischen Eigenschaften wurde die schwarze Maulbeere schon vor sehr langer Zeit von den Römern aus Vorderasien nach Europa zur Kultivierung gebracht. Am alten Schießplatz, kurz vor der Kreuzung Stahmelner Allee, stieß die Gruppe auf eine Reihenpflanzung mit vorwiegend Weißen Maulbeerbäumen. Hier erläuterte Arnold die besonders interessante Verwendung der Bäume für die Seidenraupenzucht, wie es in China bereits seit bis 6000 Jahren praktiziert wird. Ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde die Seidenraupenzucht mit Maulbeerbäumen auch in Deutschland zunehmend praktiziert, unter anderem für die Herstellung von Fallschirmseide.  Aus ca. 10 Kokons der Seidenwicklerraupen, welche sich von den Maulbeerbaumblättern ernähren, werden 10 Gramm Rohseide gewonnen. Es bleibt vorläufig Spekulation, ob die Maulbeeren in Lützschna eventuell auf Initiative der Unternehmer-Familie Speck von Sternburg für eine Seidenraupenzucht angepflanzt wurden.  Auf jeden Fall waren sich alle Exkursionsteilnehmer einig, dass diese Bäume ein erhaltenswertes Kulturgut sind und mehr Aufmerksamkeit verdienen.  
Nur wenige wissen um ihre Existenz. Oft sind die Pflanzungen mit Wildwuchs umwuchert und bedürften dringend einer Pflegemaßnahme. Vielleicht wäre gar eine „Unter-Schutzstellung“ ausgewählter Vorkommen denkbar.