Auwaldstation im Biberfieber

Der europäische Biber – eine Tierart, die man nur sehr selten zu sehen bekommt. Dennoch gibt es eine enorme Menge an interessanten Fakten über diesen Nager. Dies erfuhren auch die Teilnehmenden des Informationsnachmittags mit dem Wissenschaftler Ronny Wolf (Universität Leipzig), der am 03. März 2018 in der Auwaldstation stattfand.

Der Biber ist nicht nur der größte heimische Vertreter der Nagetiere, sondern zählt auch zu den ältesten Säugetierarten. Die ersten „Ur-Biber“ bevölkerten unseren Planeten bereits vor ca. 50 Millionen Jahren, bis sich vor 10 Millionen Jahren die beiden heute existierenden Arten (Kanadischer und Europäischer Biber) herausbildeten. Mit einer stolzen Körperlänge von 1,40m und einer Masse von 35kg ist der Nager ein echter Riese. Doch wirklich fürchten muss man sich nicht vor ihm, denn nach der Entwöhnung von der Muttermilch ernährt sich der Biber rein vegetarisch, im Sommer am Liebsten von krautigen Pflanzen und im Winter von Rinde von Weichhölzern, wie zum Beispiel Pappel, Weide oder Obstbäumen. Um diese abnagen oder ganze Bäume fällen zu können, besitzt das Tier kräftige Nagezähne, die zeitlebens wachsen. Für die nötige Schärfe bedürfen diese einer guten Pflege,  wofür nicht selten Eichen herhalten, weshalb man auch an dem Hartholz Nagespuren findet.

Naturschützer und Forscher nutzen die Zähne für die Alterbestimmung der Großnager und werten hierzu die Abnutzung der Backenzähne aus. Biber können in freier Wildbahn bis zu 20 Jahre alt werden.

Obwohl ein ausgewachsenes Tier kaum natürliche Feinde hat, ist es doch großen Gefahren, vor allem von Seiten der Menschen ausgesetzt. So sind Biber nicht selten Verkehrsopfer, da sie an Land eher behäbig unterwegs sind.  Weiterhin ist die mit 50% sehr hohe Jungensterblichkeit erheblich und im Durchschnitt erreicht pro Wurf nur ein Tier das fortpflanzungsfähige Alter.

Die Jungen werden meist im April geboren und leben zunächst mit dem Muttertier in einem gesonderten Bau. Doch auch nach der Entwöhnung bleiben die Jungtiere im Familienverband, sodass dieser zumeist aus den Elterntieren und den Jungen zweier Generationen besteht. Die Biberfamilie baut gemeinschaftlich in ihrem Revier. Am Bekanntesten sind die Biberdämme, welche der Regulierung des Wasserstandes dienen, um so optimale Lebensbedingungen zu schaffen. Biber wirken regelrecht als „Landschaftsgestalter“, indem sie Flächen unter Wasser setzen, teilweise ganze Bachläufe und die Zusammensetzung der Ufervegetation verändern. Viele weitere Tier- und Pflanzenarten profitieren davon, womit der Biber ein Wegbereiter für die biologische Vielfalt ist.   

Am Häufigsten findet man jedoch unterirdische Untergrabungen des Ufers, welche als Baue dienen. Alle Biberbauten und das Tier selber stehen unter strengem Artenschutz.

Da es in unserer stark menschlich geprägten Landschaft immer wieder zu Konflikten kommt, gibt es in vielen Regionen bereits Biberbeauftrage, die gemeinsam mit „Biber-Betroffenen“ und Behörden nach Kompromissen suchen. 

Im Anschluss an den sehr informativen und bilderreichen Vortrag machte sich die Gruppe entlang der Weißen Elster auf die Suche nach Biberspuren, wie Nagespuren, Wassereinstiege oder Wildwechsel. Denn der Biber ist in Leipzig immer weiter auf dem Vormarsch. 

Nachdem die Tierart durch starkes Bejagen in Sachsen ab 1846 fast 100 Jahre ausgestorben war, erobert der Biber seine Reviere nun wieder zurück. So gelangen Jungtiere aus der Elbe über die Saale und die Elster nach Leipzig, um hier Reviere zu besetzen. Daher konnten so manche Spuren rund um die Auwaldstation und den Schlosspark entdeckt und die Hoffnung auf baldigen Bibernachwuchs im April genährt werden.

Der Wissenschaftler gab jedoch zu bedenken, dass der Großteil der Leipziger Gewässer sich aufgrund von Begradigung, Uferbetonierung und fehlenden Weichhölzern langfristig nicht als Lebensraum eignet. Der Bestand wird sich auf wenige Familien einpegeln, die langfristig optimale Reviere, wie das Elsterbecken mit noch vorhandener Weichholzaue und damit ausreichendem Winternahrungsangebot besiedeln.

Text: Julia Salomo, Freiwillige des ökologischen Jahres